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August 2005 (Druckversion)

 

Ein positives Missverständnis

August. Der heftige Regen benässte meine Brillengläser. In einem türkischen Selbstbedienungscafé bitte ich die junge Frau hinter der Theke um eine Serviette. Es ist in der Oranienstraße von Kreuzberg. Sie versteht mich nicht. Ich nehme meine Brille ab und mache Säuberungsbewegungen. Schwach lächelnd reicht sie mir mehrere Servietten über die Theke. Ich möchte noch einen Milchkaffee. Die hilfsbereite Türkin ist überrascht, denn sie glaubte, ich hätte nur um Hilfe gebeten. Ein positives Missverständnis. Es liegen einige Tageszeitungen aus. Mancher Gast liest sie, gelegentlich umständlich buchstabierend alle und trinkt über Stunden nur eine Tasse Kaffee. Andere wärmen sich kurz auf. Anders als in der City von Berlin wird in der Oranienstraße nicht die Peitsche des Umsatzes geschwungen. In der Multikultigegend scheinen die Menschen mehr Zeit zu haben und viele sind nachsichtiger miteinander.

Wenige Meter von dem Café entfernt schloss aus Geldmangel die Geschäftsstelle der PDS. In einem Lokal sind die Preise neben Euro mit DM ausgezeichnet. Versprochen werden dem Gast „Preise wie vor 20 Jahren“. Ein Antiquar wenige Eingänge weiter öffnet jeweils ab 14 Uhr, manchmal auch dann nicht. Er ist spezialisiert auf linke Literatur aus der Weimarer Republik. In einem weiteren Antiquariat vor einer Bushaltestelle sitzt der Inhaber und liest und liest und liest. Kauft einer, verlässt er das Geschäft mit dem Eindruck, der drinnen habe sich ungern von dem Buch getrennt. Ein Pizzabäcker verlangt 3,50 Euro für jede Pizza, die „29 Zentimeter Umfang“ hat. An der Oranienstraße gibt es den einzigen Fanshop des Hamburger Kiezclubs St. Pauli. Viele Ladenlokale sind geräumt. „Nachmieter gesucht“, heißt es dann. Über den Bürgersteig tänzelt eine total schwarz gekleidete junge Frau. Sie ist wie im tiefsten Arabien verhüllt, nur die das dunkle Augenpaar ist zu sehen. Kaum einer dreht sich nach der Frau um. In den abzweigenden Straßen nistet die Armut. Billigläden dominieren, auffällig viele Jugendliche stehen in Gruppen an den Ecken. Aber nirgendwo sind Bettler zu sehen. Das Kino Babylon nahe der Oranienstraße wurde wohl seit den fünfziger Jahren nicht mehr renoviert. Bei der Sprachenvielfalt wirkt der Name Babylon wie gezielt ausgesucht.

In diesem Bereich der Armut unterhält der „grüne“ Bundestagsabgeordnete Hans-Christoph Ströbele ein Bürgerbüro. Diesen Wahlkreis holte er vor drei Jahren als einziger grüner Abgeordneter direkt. Um die Mittagszeit ist das Büro noch geschlossen. An den Laternenmasten hängen wie als Provokation auffällig viele gelbe Plakate der FDP. Für die Sozialdemokraten schaut der schnauzbärtige türkischstämmige Ahmet Iyidirli von den Plakaten.

An der Oranienstraße liegt die Berliner Blinden-Anstalt. Der dunkle Klinkerbau wird von den Anwohnern ironisch Berliner Schiedsrichterschule genannt. In einer Frauenbuchhandlung sind auch Männer (als Kunden) zugelassen; ob sie willkommen sind, ist nicht klar. Nebenan stehen bei einem Fahrradhändler Drahtesel für knapp 3.000 Euro im Schaufenster, das zeigt: Hier herrscht nicht nur Armut. Am Heinrich-Platz liegen Kneipen, ein Bioladen, das Szenelokal „Rote Harfe“ und einige Cafés nebeneinander. Dieser Platz muss in einigen Fremdenführern genannt sein. Zu oft suchen Menschen mit einer Karte in der Hand die Gegend auf. Sie sehen aus, als kämen sie gerade aus Westerstede, Ilmenau oder Bildstock im Saarland. Hinter einer grell bunt bemalten Fassade verkauft eine Asiatin T-Shirts und farbenfrohe Pullover.  

 

Schon wieder Namenswechsel

August. Es ist kurz vor der Mittagszeit. Nahe dem Rosa-Luxemburg-Platz herrscht Stille. Ein Geschäft mit Ostprodukten ist kundenfrei. Daneben verramscht eine Buchhandlung Literatur aus der DDR, die meisten Bücher für 50 Cent. Auf Wühltischen sind Dichter wie Dieter Noll, Günter de Bruyn, Erik Neutsch und die Lebenserinnerungen alter Klassenkämpfer im Angebot. Die Bücher sind gedruckt auf bräunlichem Papier der DDR, das fälschlich für Umweltschutzpapier gehalten werden könnte. Die aus der Zeit des Staates der Arbeiter und Bauern vergammelten Straßen werden zurzeit saniert. Die Gegend wird herausgeputzt. Hier, dem Gebäude der Berliner Volksbühne schräg gegenüber, steht die Zentrale der Linkspartei.PDS. Wo es so still ist nahe dem pulsierenden Alexanderplatz, gibt es einige Quadratmeter auch blutgetränkten historischen Boden. Der Rosa-Luxemburg-Platz hieß einst Babelsberger Platz, dann wurde er unbenannte nach Bülow, Horst-Wessel, Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Das Gebiet war immer eine Arme-Leute-Gegend. Bis zum Siegeszug der Nazis wohnten dort viele Ostjuden. Nahe der Zentrale der PDS.Linkspartei, wie sie korrekt heißen müsste, kam es in der ersten deutschen Republik zu blutigen politischen Auseinandersetzungen zwischen Rotfrontkämpfern, Nazis und der Polizei. Der Platz war Hort des faschistischen Heldengedenkens. Im Krieg wurde er stark zerstört, in der DDR verfielen die Häuser, einige Zeit nach der Wende war dort ein Szenegebiet. Die Szene zog weiter, im Bezirk Mitte ist das Areal ein eher ruhiges Refugium vor den Eingängen des Volkbühnegebäudes. Die Volksbühnenbewegung wurde im vorvergangenen Jahrhundert gegründet, um Arbeitern den Genuss des Theaters zu ermöglichen. „Die Kunst gehört dem Volke“, hieß ein Spruch über dem Eingang. Erst 1950 wurde das Theater Volksbühne mit einem Besuch von Wilhelm Pieck wiedereröffnet, und der Spruch danach weggemeißelt.

Im Jahr 1926 zog der Zentralvorstand der KPD in das jetzige Karl-Liebknecht-Haus. Darin arbeitete bis 1933 Ernst Thälmann. Vor dem Haus fielen die tödlichen Schüsse von Erich Mielke auf einen Polizisten. Walter Ulbricht galt als Anstifter. Wegen dieses Polizistenmordes wurde Mielke rund 60 Jahre später verurteilt. In dem hell getünchten Karl-Liebknecht-Haus saß meist die eine Partei, die mehrere Male ihren Namen wechselte. Einst stand KPD daran. Dann nach dem Zusammenbruch der DDR zunächst PDS/SED, wie die Partei über viele Monate hieß. Danach prangte daran der in Rot gehaltene Namenszug PDS. Und seit Wochen kam es zur vierten Namensänderung der Genossen/innen, jetzt heißt es an der Stirnseite Die Linkspartei.PDS. Vor dem Haus ist ein Geländewagen japanischer Produktion geparkt. Bauarbeiter sanieren die Vorfahrt. Ein gut gekleidetes Ehepaar sieht der arbeitenden Klasse zu. Ich fotografiere die Szene. Die Frau wendet sich ab, der Mann sieht mich an, als wolle er mich durchbohren. Zwei Häuser weiter hat sich eine Casting-Agentur eingemietet. In einem Café direkt daneben langweilen sich die wenigen Gäste. Dem Gebäude folgt das historische Kino Babylon. Es ist ein lupenreines Haus im Bauhausstil. Darin befindet sich ein Programmkino. Die vorherigen Mieter machten vor einem halben Jahr pleite.

 

„Nun ist die DDR endlich weg”

August. Mit der Schlagzeile „53. Berliner Hassduell“ heizte ein Boulevardblatt das Oberligaspiel Union gegen BSC Dynamo einen Tag vor dem Anpfiff an. Wie einst in der DDR mussten die Zuschauer durch ein Spalier der Polizei, um in das Köpenicker Stadion an der Alten Försterei zu kommen. Aber nun liefen sie angstfrei zum Eingang. In der DDR knüppelte ohne jede Warnung schon mal die Polizei des Volkes auf das Volk, wenn es erkennbar zu den Anhängern von Union zählte. Die Fans des Köpenicker Vereins galten als solide Gegner des Systems der DDR. Der BFC Dynamo, 1953 als Volkspolizei Berlin gegründet, war ein Stasiverein mit dem verhassten Erich Mielke als Mentor. Zehn Mal hintereinander wurde durch dieses parteiliche Sponsoring der Mielke-Verein Fußballmeister der DDR. Nach dem Zusammenbruch des Staates der Arbeiter und Bauern stieg der „Rekordmeister“ Dynamo Berlin zeitweise bis in die fünfte Liga ab. In der vergangenen Saison stieg er in die viertklassige Oberliga auf, Union in dieselbe Klasse ab. Meine Kumpel erzählen auf dem Weg durch die Polizeikette von nachhaltigen Demütigungen. Frank, einer meiner Kneipenkollegen, unterhält kurz vor dem Stadion einige Biertheken und Bratwurststände unter dem Namen „Union-Tanke“. Diese „Tankstelle“ ist geschlossen, auf Anraten der Polizei, die gewarnt hatte, die Sicherheit nicht garantieren zu können. Deshalb entfallen Umtrunk und Fachgespräche bei Frank. Es ist der bisher heißeste Augusttag. Über dem Stadion kreist wie eine angriffsbereite Hummel ein Polizeihubschrauber. Bei Union ist es üblich, zumindest einen Fan-Schal zu tragen. So mancher Glatzkopf wirkt gefährlich, obwohl er nicht vom BFC Dynamo kommt. Anhänger des Stasivereins sind nicht etwa Nostalgiker der DDR und unbelehrbare Parteikader, Rechtsradikale und gewaltbereite Hooligans gehören zum Tross des „Rekordmeisters“. Die haben nur von einer Seite des Stadions Zugang in einen käfigähnlich vergitterten „Gästeblock“. Mit 14.000 Zuschauern stellt Union Berlin einen Rekord in der Oberliga Nordost auf. Über 10.000 sind Unierte, der Rest schmort in der Sonne hinter einem Tor in den Farben von Dynamo. Von Nina Hagen wird ein Song gespielt, den sie der Union widmete. Eine riesige rotweißrote Fahne ziehen Fans über die Köpfe der einheimischen Zuschauer. Hunderte gleichgroßer weißer Plakate in jeweils einheitlicher Schrift werden zur Begrüßung der Mannschaften in den Himmel gehoben: „Dynamo-Pack“. Bier und andere Getränke gibt es nur in dünnen Kunststoffbehältern. Hier zumindest ist von der Konsumflaute nichts zu sehen, im Gegenteil. So mancher Muskelmann mit Glatze, Sonnenbrille und T-Shirt dürfte wohl als Polizeibeamter „dienstlich“ im Publikum sein. Das Spiel wird 29 Minuten später angepfiffen. Der Schiedsrichter bestand darauf, dass der Gast seine Spielkleidung wechselte, weil die Kicker sonst zu schwer auseinander zu halten wären. Der Hubschrauber brummt tiefer. Die Anfeuerungsrufe aus Tausenden von Kehlen übertönen sein Einschüchterungsgebrumme. Es kommt zu einem harmlosen Foul. Es ist so unbedeutend, dass nicht einmal die Anhänger der Union pfeifen. Der in Weiß gekleidete Spieler bietet dem Gegner von Union als sportliche Geste den Handschlag. Der wird verweigert. Beide Kicker waren beim schmählichen Ende der DDR höchstens zehn Jahre alt – doch die Gegnerschaft wurde wie Gift in die Seelen geträufelt. Keiner war bei der Stasi, aber sie werden hier im Stadion so behandelt, als wären sie noch dabei.

Nach 15 Minuten fällt aus meiner Sicht überraschend das 1:0 für Union. Aus 10.000 Kehlen kommt der Lustschrei des Triumphes. Einige von mir vorher als Polizisten eingestufte T-Shirt-Männer reißen die Arme hoch, die Augen blitzen vor Freude, Wildfremde fallen sich in die Arme und schmiegen im Freudentanz ihre verschwitzten Leiber aneinander. Heute möchte ich hier nicht den Sieg des Gegners erleben. Nur Minuten nach der Führung verhindert Unions Torwart mit einer so genannten Glanzparade den Ausgleich. Ich habe den Platzverein an der Alten Försterei noch nie siegen sehen. Einige meiner Kumpel glauben, das hätte was mit mir zu tun, ich glaube es fast auch. Nach exakt 20 Minuten verlasse ich das satt gefüllte Stadion. Am Ausgang häufen sich die Bierflaschen. Vor Bierbuden stehen Ansammlungen von glücklichen Fans. Weiter hinter nahe dem Vereinslokal „Abseitsfalle“ sitzen an den Würstchenbuden Girls in der Sonne und versuchen Farbe zu bekommen. Es ist ihre Ruhe vor dem Ansturm nach dem Schlusspfiff. Sie sind die Bratwurstverkäuferinnen.

Gegen 17 Uhr schaue ich in den Videotext des rbb: Kantersieg der Union 8:0. Das kann nicht sein. Ein Anruf fegt meine Skepsis hinweg. Jünne, Paule, Timo und die anderen sitzen an den Tischen vor dem Lokal „Bier-Garten“. Sie scheinen ermattet. Die Männer sind glücklich. Nur Timo erinnert sich an einen Sieg der Union gegen Dynamo „damals im Stadion der Weltjugend“. Das muss lange zurückliegen. Die anderen zweifeln, dass ihr Klub je gegen „die vom Mielke gewonnen“ hätten. Aber an eine fürchterliche Niederlage von 8:1 gegen den BFC Dynamo im Kampf um den FDGB-Pokal, daran erinnern sich alle. „Wir haben sie vom Platz gefegt, wir haben sie auseinander genommen“, resümiert Jünne. Und einer sagt leise: „Nun ist die DDR endlich weg.“

 

Der Besuch der alten Dame

August. In der Kaiser’s-Filiale  an der Bölschestraße in Berlin-Friedrichshagen sind die Waren anders platziert. Brot ist beispielsweise in anderen Regalen als in den Jahren zuvor. Eine ältere Dame, hoch gewachsen, geschmackvoll gekleidet, sucht nach Waren. Sie fragt einen Mann im Kaiser’s-Kittel, der Tüten in ein Regal packt, nach Zucker. Der unterbricht seine Arbeit nur kurz und raunzt die alte Dame sehr laut an, „es sind Zettel ausgelegt, da steht alles drauf“. Er wendet sich brüsk ab. Die Frau ist hilflos. „Das ist preußischer Charme“, versuche ich sie zu trösten. Die alte Dame lächelt nicht einmal. Wir schreiben den 19. August, es ist 18.30 Uhr.

 

Ein Fischerdorf auf der Halbinsel

August. Die Halbinsel Stralau nahe dem Zentrum von Berlin ist die größte Landzunge, die in die Spree reicht. An ihrem Fuß war sie mit riesigen Fabriken industriell geprägt. Wie eine Grenzziehung wirkt der Damm für die über den Fluss führenden S-Bahnlinien. Ein Ziel ist der Bahnhof Ostkreuz. Wegen seines Zustandes nennen ihn die Einheimischen Rostkreuz. Neben dem Bahndamm liegt wie eingeklemmt seit 1965 das Fußballfeld von Sparta Lichtenberg, der Fußballverein wurde 1911 gegründet. Ihm folgt eine Industriebrache. Alte ungenutzte Fabrikgebäude blieben vereinzelt stehen. Ein geparkter Militärwagen der einstigen Nationalen Volksarmee trägt das polizeiliche Kennzeichen DD für Dresden. Berliner übersetzen es hämisch mit doppelt doof. Gegen diese Szene des Verfalls wirkt das Ruhrgebiet wie ein Disneypark. Eingeklemmt zwischen Straßenverkehr und Bahnlinie liegt ein älteres Gebäude. Nach seinem Baustil stammt es aus wirtschaftlich besseren Zeiten. Es lärmt manchmal ohrenbetäubend rechts und links von dem Haus. In ihm befindet sich die Redaktion „Neues Deutschland“. Vor dem Gebäude liegt von Mauern umgeben der Parkplatz für die Angestellten. Nicht einer von denen fährt noch Trabant. Das mediale Flaggschiff der SED war zuvor in einem repräsentativen Hochbau nahe dem Ostbahnhof untergebracht. In dem Haus gab es eine große Empfangshalle, breite Flure zeichneten das Gebäude aus. Auf dem Flachdach ragten Funkmasten in den Himmel, offensichtlich ausgerichtet auf Empfang von Moskau. Um das einstige Parteiblatt im harten Medienmarkt zu retten, setzte man auch hier auf einen Westdeutschen – denn der Chefredakteur ist so genannter Wessi. Es erfolgte der Zwangsumzug nach Stralau.

Abriss und Aufbau prägen die Halbinsel Stralau. Eine Straße führt schnurgerade zu ihrem Ende, wo sich die Spree spaltet. Supermoderne Wohnhäuser mit sauberen privaten Parkanlagen entstanden im einstigen Verfall. Wie einzelne faule Zähne stehen dazwischen noch gelegentlich verwohnte Mietshäuser im Grau der DDR. Zwei Buslinien führen von der City bis zum Ende der Halbinsel. Es ist eine piekfeine Wohngegend geworden. Aber noch kein Wohnmagnet, es werden in fast allen Häusern Mieter oder Käufer gesucht. Auf der Halbinsel wohnen 2.000 Menschen, es sollen mal 5.000 sein. Die Infrastruktur ist schlecht, nur eine Bäckerei hat sich gehalten. Wo die Halbinsel an ihrem Ende sehr schmal wird, lag seit dem 13. Jahrhundert ein Fischerdorf. Gefischt wird schon lange nicht mehr, aber der Dorfcharakter blieb erhalten. Wegen des Frühjahrshochwassers verließen im vergangenen Jahrhundert viele Bewohner ihre Anwesen. Nach dem Bau neuer Wohnhäuser und einer Flutsicherung gibt es das Dorf Alt-Stralau wieder. Und, wie auf einer Informationstafel vermerkt wird, „die Kirche steht wieder mitten im Dorf“.

Vormittags ist es dörflich still. Am Ufer der Spree sitzt eine alte Dame in einem Liegestuhl und liest Thomas Mann. Der Busfahrer der Linie nach Lichtenberg genießt seine Pause und buttert. Einzelne Freizeitler umrunden die Halbinseln an ihren Ufern. Die sind aber nur an wenigen Metern zu befahren. Der alte Friedhof ist der belebteste Ort im Dorf. Witwen besuchen ihre Männer mit der Gießkanne.

 

Zitate

Die französische Journalistin Pascale Hugues von der Pariser Zeitung „Le Point“ macht dem Namen des Blattes alle Ehre. Im „Tagesspiegel“ bringt sie an den Wochenenden in ihren Kolumnen ihre Sicht über die Deutschen auf den Punkt. „Seit 14 Jahren zerbricht sich unser armes Berlin den Kopf darüber, wie es endlich eine wahre Metropole werden kann, so elegant wie Paris, so mondän wie Rom, so trendy wie New York und so weltoffen wie London – und jeden Sommer verfällt es aufs Neue in ungehobelte Provinzmanieren. Die Busse, die Bürgersteige, die Büros, die Läden – die ganze Stadt wird von Shorts-Trägern überrannt, die aussehen wie kleine Jungs, die vor ihrer Zeit ergraut sind. Seltsame, alterslose Wesen, irgendwo zwischen Michel aus Lönneberga, Sängerknabe und englischem Internatsschüler.“ Wird es wärmer, so Pascale Hugues: „Der Berliner tauscht seine Stoffhose und sein tailliertes Jackett gegen ein kleines, freches Paar Shorts ein, das knapp über dem Knie aufhört und mit Socken und Sandalen kombiniert wird. Mit stolz über den Gürtel gewölbten Bäuchen flanieren sie dann die Straßen entlang, die kleinen Beamten und Büroangestellten mit ihren Aktentaschen...“
Der Tagesspiegel vom 6. August 2005

„...sahen sowohl Trainer Falko Götz als auch Manager Dieter Hoeneß eine realistische Chance, den Rekordmeister schlagen zu können. Offensichtlich hatten sie es unterlassen, ihrer Mannschaft zu sagen, wie sie es anzustellen hat."
Der Tagesspiegel am Sonntag vom 28. August 2005 über die 3:0-Niederlage der Hertha bei den Bayern

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